Aktion in Weimar
Weimar Vom 18.Juni bis 20.Juni 99 Notizen :
Am Samstag, den 19. Juni, den Handwagen mit den Flugblättern, den Gong und den Schirm vom Hotel in die Galerie gebracht. ( Galerie im Lucas Cranach Haus, Weimar )
Gegen 12 Uhr mit dem Wagen losgegangen, die ersten Flugblätter verteilt;
mit der Aufschrift : Die Kunst verdichtet sich immer mehr zu der Frage : Wie gehen wir eigentlich miteinander um ?
Christa holte Susanne und Helga vom Bahnhof ab. Gemeinsam zogen wir durch die Stadt und verteilten die Flugblätter.
Es war Interesse bei den Menschen. Einige kamen auf uns zu, sprachen uns an.
Zwei Frauen erzählten ausführlich aus der DDR - Zeit.
Sie saßen im Gefängnis. Eine von ihnen für zweieinhalb Jahre. Eine schreckliche Zeit, sie wurden isoliert gehalten, gefoltert, usw. Sie waren „ politisch “ angeklagt. Noch heute litten sie stark, sagten sie uns, sie seien in psychologischer Behandlung. Sie zogen nach Berlin, dann nach Weimar sind sie vor zwei Jahren zurück gekommen. Die Weimarer verhielten sich völlig distanziert zu ihnen ! Sie wollen nichts mit ihnen zu tun haben.
Sie werden nun Weimar wieder verlassen, eventuell nach F. ziehen. In den Süden, sie hoffen, daß dort mehr „ Menschlichkeit “ sei. - Sie überlegen, ob sie Deutschland nicht ganz verlassen sollten. Sie halten es für wichtig, daß wir diese Aktion durchführen !
Vor dem Goethe - Schiller - Denkmal am Theater, schrieb ich mit Kreide folgenden Satz auf den Boden: ( Steinplatten )
Verantwortung tragen : über dieses Leben hinaus. IGADiM 19.6.99
Hinter mir Goethe und Schiller. Menschen drumherum. Jemand rief mir zu, sehr ärgerlich : Das wäre damals nicht passiert ! Ich sagte : Gut, daß das heute anders ist !
Er : Da hättest Du links und rechts was um die Ohren gekriegt !
Wir zogen weiter. Zwei „ Punkern “ gab ich ein Blatt. Sie lasen. Ich drehte mich um. Einer rief mir nach : „ Solch ein Scheiß ! “
Junge Leute saßen auf einem Podest, leicht angetrunken. Sie sprangen auf, zwei traten mit ihren Schuhen, mit Wucht, mehrmals gegen den großen Gong, den ich auf der linken Seite, an einem Gurt, über der Schulter trug. Ich hielt sie ab, zwei Passanten waren über die Aggression empört, der Mann kam hinzu, ich glaubte, er wolle eingreifen ! Schon außergewöhnlich, da viele das sahen, - hinschauten, weiter gingen.
Ich sagte zu den beiden, na gut, dann könnt ihr noch zweimal mit der Faust dagegen schlagen, dann ist es aber gut !
Einige Diskussionen fanden statt. An verschiedenen Plätzen. Wir gingen zur Galerie, die Ausstellungseröffnung war um 18 Uhr angesetzt. Dort plazierte ich den Wagen, den Gong. Unten angebunden blieb der „ Weimar - Rahmen “, den ich so ließ, wie ich ihn vom Aussteller erhalten hatte. Einige Flugblätter waren noch vorhanden, auf den Wagen legte ich den besagten Schirm aus dem Jahre 1994, mit der Aufschrift : Schon längst ein Sturm, wo hier erst eine Brise ist ! Auf den Gong schrieb ich mit weißer Farbe :
IGADiM 19.6.99 In Weimar
Eine Presse - Mitteilung hing an der Wand, daß an diesem Tag ein Ring - Stein in Regensburg hergestellt wird. Unter der Leitung vom Theaterregisseur Joseph Berlinger.
Mein Krankenbett war nicht in der Lucas Cranach Galerie. Für die Ausstellung „ verboten “. Die Aussteller wehrten sich dagegen, sie ließen es nicht zu, daß ich es ausstelle, obendrein noch in der dortigen Galerie in diesem Bett schlafen wollte. Seit 1995 schlafe ich in diesem Bett. ( Schreiben von R.H. )
Das Krankenbett kommt später in den Blauen Vulkan. Mit dem Schirm, der Dose mit Goldstaub, dem Modell im Karton. Und dem kleinen Bild, das ich in der Kunsthalle Recklinghausen malte, 1991, als mich dort der Kapitän Peter Kröplin vom Schiff aus anrief.